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AJC fordert Absage von Nakba-Ausstellung an der Universität Göttingen

Ab der zweiten Novemberwoche soll an der Universität Göttingen die umstrittene Wander-Ausstellung „Die Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ präsentiert werden. Seit Jahren ist die Ausstellung, die von einer pro-palästinensischen Initiative organisiert wird, aufgrund einseitiger und unwissenschaftlicher Darstellungen umstritten.

„Es kann nicht sein, dass an einer Universität die Entstehungsgeschichte Israels bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben wird. Die Tatsache, dass Juden seit Tausenden Jahren in dem Gebiet leben, wird ebenso ausgeblendet, wie die Tatsache, dass sämtliche arabische Staaten die Gründung des Staates Israels bekämpften. Fakten werden einseitig aus dem Zusammenhang gerissen und völlig entzerrt widergegeben. Diese Ausstellung ist eine einseitige Parteinahme und liefert keine wissenschaftliche Aufklärung. Die Universitäts-Leitung sollte daher die Reißleine ziehen und die Ausstellung absagen“, forderte Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin Ramer Institute.

Grobe wissenschaftliche Fehler 

Berger begründete ihre Haltung in einem Brief an die Universitäts-Präsidentin, Prof. Dr. Beisiegel: Die Ausstellung blendet wesentliche Umstände des Themas „Flucht und Vertreibung der Palästinenser“ aus. Die Tatsache, dass die arabischen Staaten 1948, unmittelbar nach der Staatsgründung, einen Angriffskrieg gegen Israel starteten und damit den UN-Teilungsplan zunichtemachten, bleibt völlig unerwähnt. Stattdessen suggerieren die Schautafeln eine scheinbare militärische Übermacht „jüdisch-zionistischer Milizen“ (gemeint sind die israelischen Verteidigungsstreitkräfte) gegen die tatsächliche Übermacht der arabischen Armeen.

In der Ausstellung  werden „den Zionisten“ (gemeint ist Israel) ethnische Säuberungen gegen Araber vorgeworfen, was aus dem Sprachgebrauch  radikaler anti-israelischer Gruppierungen  entlehnt ist. Bis heute gibt es Meinungsverschiedenheiten über die Gründe, warum viele Araber Israel verlassen haben. Sicher ist, dass viele Menschen vor dem Krieg flohen,  andere  jedoch auch, weil  arabische Staats- und Regierungschefs sie dazu aufriefen , unter Druck setzten und versprachen, dass sie nach dem Sieg über die Juden wieder zurückkehren könnten.

Tatsächlich haben sich aber Hunderttausende Araber trotz dieser Aufforderung dazu entschieden, in Israel zu bleiben und damit israelische Staatsbürger zu werden. Im heutigen Israel leben mittlerweile mehr als eine Million arabischer Israelis, die 20 % der Bevölkerung ausmachen und zum Teil hohe Staatsämter bekleiden.

Umstrittene Veranstalter 

Die mangelnde Wissenschaftlichkeit der Ausstellung überrascht angesichts des Hintergrunds der Ausstellungsmache nicht. Der Verein „Flüchtlingskinder im Libanon“  sorgt mit der Wanderausstellung bereits seit Jahren für heftige Kontroversen in verschiedensten Städten Deutschlands, so zum Beispiel in München, Köln und Stuttgart. Die Organisation arbeitet im Libanon mit der Partner-Organisation „National Institution of Social Care and Vocational Training“ zusammen, die auf Facebook angab, palästinensische Kinder zu sogenannten Märtyrern zu erziehen. Die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde von München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte bereits 2014:  „Vereinigungen wie ‘Flüchtlingskinder im Libanon’ und die ‘National Institution of Social Care and Vocational Training’ behindern mit ihrem fanatischen Hass, der immer wieder zu Terror führt, den Frieden im Nahen Osten.” Auch die Deutsch-Israelische-Gesellschaft und die Janusz-Korczak-Akademie protestierten immer wieder gegen die Einseitigkeit des Projekts.

Die Einseitigkeit der Ausstellung setzt sich auch in der begleitenden Vortragsreihe der Universität fort. Auch sie wird in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft durchgeführt. Hauptredner ist der Wissenschaftler Udo Steinbach, der aufgrund seiner überzogenen Haltung gegenüber Israel und seine fragwürdigen Holocaust-Vergleiche höchst umstritten ist. Steinbach sprach sich etwa in der Vergangenheit gegen die Einstufung der Hamas als Terrororganisation aus und versuchte, Verständnis für palästinensische Selbstmordattentäter zu wecken. Auch andere Redner des Veranstaltungsprogramms sind für ihre dezidiert kritische Haltung bezüglich Israel bekannt.

„Es ist schockierend, dass ausgerechnet die renommierte Universität Göttingen eine politische Propaganda-Veranstaltung übernimmt. Hier wird Israel alleinig für den Konflikt verantwortlich gemacht und gar das Existenzrecht des jüdischen Staates angezweifelt. Solche Veranstaltungen machen den Hass gegenüber Israel in der Gesellschaft salonfähig. Dies ist unseriös und einer Universität unwürdig“, sagte Deidre Berger weiter.

Gipfeltreffen zum Thema Israelfeindschaft gefordert

Die Direktorin des AJC in Berlin kritisierte ferner die kontroverse Personalentscheidung der Universität, die Professur des deutschlandweit geschätzten Antisemitismus- und Rechtsextremismus-Experten, Prof. Dr. Samuel Salzborn, auslaufen zu lassen:

„Die Entlassung von Prof. Salzborn, einer wichtigen Kapazität in der Antisemitismusforschung sowie die wissenschaftlich fragwürdige Ausstellung in der Universität, die Halbwahrheiten und Stereotypen über Israel verbreitet, alarmieren uns. In einer Zeit, in der jüdische Sicherheit in Israel und Europa immer stärker gefährdet ist, setzt die Universität Göttingen die falschen Signale.“

Die Ausstellung an der Universität Göttingen reiht sich in eine Serie weiterer anti-israelische Vorfälle im akademischen und pädagogischen Bereich in Niedersachsen ein. Auch an einer Hildesheimer Hochschule sorgte ein Seminar für Aufsehen, in dem antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet wurden. Das AJC hat daraufhin einen offenen Brief an Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil verfasst und ein Gipfeltreffen zum Thema Antisemitismus und Israelfeindlichkeit gefordert.